Wir haben einen Esel verkauft.
Um es vorwegzusagen: Wir sind wirklich schlechte Verkäufer. Denn eigentlich wollen wir nämlich unsere „Kleinen“ gar nicht weggeben. Aber. Ja, großes Aber. Unser erklärtes Ziel ist die Erhaltungszucht der wunderbaren Poitouesel. Nun kommen wir aber nicht weit, wenn wir alle unsere Fohlen behalten. Weder unsere Stallgröße im Winter, noch unsere Arbeitskräfte reichen aus, um ein halbes Dutzend oder gar mehr dieser wirklich anspruchsvollen Tiere zu behalten. Von den entstehenden Kosten, die ja über Spenden gedeckt werden müssen, mal gar nicht zu reden.
Also lange Rede, kurzer Sinn, wir haben einen Esel verkauft. Es hatten sich mehrere Interessenten gemeldet, aber viele hatten einfach keine Ahnung, worauf sie sich einlassen, keine Erfahrung mit Eseln, oder waren nicht bereit den von uns geforderten Preis zu bezahlen. Wer in den Kleinanzeigen liest, dass es einen Hausesel für wenige hundert Euro kaufen kann und keine Ahnung von Poitoueseln hat, ist erstmal überrascht, wenn er einen Preis von mehreren tausend Euro genannt bekommt.
Die Entscheidung fiel letztlich auf eine Interessentin aus Schweden. Die dortigen Bedingungen erschienen uns ganz fabelhaft. Einziges Handicap war die Entfernung von mehr als 2000 Kilometern und der erhebliche Papierkram im Vorfeld. Für die Reise innerhalb der EU muss ein Tierarzt vom Veterinäramt das Tier begutachten und sobald dieser die Freigabe erteilt hat, muss das Tier die Reise binnen 24 Stunden antreten. Da gab es viel vorher zu organisieren. Natürlich wurden noch einmal alle Impfungen gemacht, die Hufe frisch bearbeitet, eine große Wurmkur gegeben, eine Reisedecke gekauft.
Die Vorbereitungen dauerten etwa eineinhalb Monate. Und dann kam endlich der große Tag: Ein luxuriöser Transporter fuhr vor, um Kyan über einen Zeitraum von sechs Tagen über verschiedenen Zwischenstationen nach Schweden zu bringen. Die Reiseroute sollte erst in die Niederlande, dann nach Hamburg, Kopenhagen und zuletzt in sein neues Zuhause nicht weit von Stockholm führen.
Kyan funkte uns natürlich gehörig dazwischen. Obwohl er in der Vergangenheit schon mehrfach brav in den Hänger gegangen war, entschied er, dass er das nun nicht mehr tun wolle. Er beschäftigte uns Stunden und musste schließlich mit purer Kraft hinein geschoben werden. Ein Gutes hatte das. Wir waren hinterher alle so fertig, dass die Erleichterung ihn endlich eingeladen zu haben überwog und kein Platz für Traurigkeit war.
Dann folgten ein paar Tage der Anspannung. Würde er die lange Reise gut überstehen und sich gut einleben?
Währenddessen ging es für uns mit den täglichen Aufgaben weiter. Und wir stellten fest: ja, ein Esel weniger macht bei der täglichen Arbeit schon einiges aus.
Als eeendlich die ersten Bilder aus Schweden ankamen waren wir ganz aufgeregt. Und wir waren so erleichtert als wir uns schließlich überzeugen konnten, dass es ihm richtig gut ging. Schnell gewöhnte er sich an seine neue Familie, und innerhalb kürzester Zeit wickelte er alle charmant um seine Vorderhufe. Das hatten wir ehrlich gesagt auch nicht anders erwartet mit seiner freundlichen Art und dem offenen Wesen. Und nach einigen Tagen Quarantäne bekam er sogar einen neuen Eselkumpel.
Er hat dort nun ein wundervolles Leben, wird von leichten Personen eines Tages geritten und an der Kutsche ausgebildet werden. Aus Züchtersicht haben wir alles richtig gemacht und freuen uns sehr!
Bestimmt werden wir ihn in der Zukunft auch mal besuchen fliegen.