Buchtipps zu Märchen



Therapeutischer Ansatz

Märchen als Therapie von Verena Kast


Seit einigen Jahren sind Märcheninterpretationen in der psychotherapeutischen Arbeit – vor allem in der Nachfolge C.G. Jungs – von wachsender Bedeutung. Verena Kast zeigt, dass das Märchen in Symbolen spricht, in denen sich die Erfahrungen von Jahrhunderten verdichtet haben. Im Spiegel dieser Symbole kann man erkennen, dass die eigenen Lebensprobleme eine kollektive existenzielle Entsprechung haben. Verena Kast hat für dieses Buch sieben Märchen ausgewählt und zeigt, wie der Symbolgehalt und die Aussagen dieser Märchen für Menschen, die sich ihr therapeutisch anvertrauten, den Zugang zu ihrer individuellen Problemlage eröffneten und den Weg der Heilung ermöglichten…

Ich empfinde dieses Buch als einen leichten Einstieg in die Thematik, die mit ihrem Bezug zu konkreten therapeutischen Situationen neugierig machen kann. Es ist leicht zu lesen, verständlich geschrieben und bietet erstaunliche Erkenntnisse von Märchen, von denen man dachte sie doch schon genau zu kennen. Weiterführend kann man sich später auch an Eugen Drewermann heranwagen, dessen psychologische und religiöse Deutungen um ein vielfaches tiefer und ausufernder sind und dann den Bogen schlagen zu Autoren, die Märchen als schamanische Initiationsgeschichten betrachten. Oder weiter zu solchen, die Märchen für systemische Analysen verwenden.



Schamanistischer Ansatz

Volksmärchen und Schamanismus: Als die Menschen noch mit Tieren und Bäumen sprachen von Jürgen Wagner


In unserer rational-wissenschaftlich geprägten Kultur haben viele aus den Augen verloren, dass die Natur etwas Lebendiges ist. Die Volksmärchen zeigen auf ihre Art, dass Seen und Berge, Wälder und Höhlen keineswegs seelen- und geistlos sind. Sie zehren dabei in vielen Elementen von den schamanisch-animistischen Erfahrungen der Menschheit. Aus den schamanischen Krafttieren wurden in den Volksmärchen die Helfertiere, aus der Geistreise die Reise ans Ende der Welt, aus der Anderswelt das Haus der Holle auf einer blühenden Wiese oder das Schloss des Seezaren auf dem Grund des Sees. Aus den Prüfungen und Initiationen der frühen Stammeskulturen wurden die Reisen der jungen Märchenhelden, die durch eigentlich unlösbare Aufgaben und Kämpfe hindurch zum Mann und zur Frau werden. Sie treffen auf Naturgeister, auf Ahnen, auf Pflanzen, Tiere und Steine, auf Sonne und Mond, sie kommunizieren mit ihnen ganz menschlich und bekommen Rat und Hilfe. Das mag auch in unserer Zeit eine Ermutigung sein, wieder Märchen zu erzählen und zu hören und die Magie der Natur und unseres eigenen Geistes wieder zu entdecken.



Tiefenpsychologischer Ansatz

Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter: Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet von Eugen Drewermann


Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet – neue Interpretationen von dem praktizierenden Psychotherapeut und engagierten Kirchenkritiker Eugen Drewermann. Anhand von neun ausgewählten Märchen zeigt er, wie Kinder erwachsen werden und dennoch kindlich bleiben können, wie Liebe erst möglich wird, wenn der Mensch zu umfassender Reife gelangt ist oder wie eine negative Mutter-Kind-Beziehung, in der die Mutter das Schicksal des Kindes unbewusst programmiert, zu tiefen Lebenskonflikten führt. Wieder bedient sich Drewermann hier ganz unterschiedlicher Interpretationsverfahren.